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01 Dez 2022

Kirche, Kinder und Terror

Alles begann 2010 und mit viel Widerstand, Koni nach Burkina Faso zu begleiten.

Alles begann 2010 und mit viel Widerstand, Koni nach Burkina Faso zu begleiten. Das Betreten des afrikanischen Bodens veränderte nicht nur meinen Widerstand, sondern auch mich selber. Ich wusste: Ich komme wieder! Burkina Faso, das Land in der Sahelzone, ist 6 ½ mal so gross wie die Schweiz und hat um die 20 Mio. Einwohner.

Lektion im Hinterhof der Kirche
Fünf Jahre später war ich wieder im Land, diesmal in der Hauptstadt Ouagadougou, an einer Konferenz mit dem Thema «Generationenwechsel in der Leiterschaft». Mir wurde angeboten, mein Anliegen «Integrieren von jungen Leuten in der Kirche», den Pastoren des nationalen Kirchenvorstandes weiterzugeben. In zwei Sessionen durfte ich sie von der Wichtigkeit der Integration der jungen Generation in die Gemeinden überzeugen. Was für ein Spass, den «älteren Herren» als Beispiel einer Sonntagsschul-Lektion die Geschichte von Bartimäus zu erzählen und mit ihnen einfache Kreisspiele im «geschützten» Hinterhof der Kirchenanlage durchzuführen – authentisch, so wie ich es mit Kindern machen würde. Wir lachten viel, waren wirklich wie Kinder… Ich nahm mir diese Freiheit im Wissen, dass ich einer von ihnen bin, ein Pastor, zwar ein älterer schon, aber noch voll da!

Bildlegende:
1.+2. Ausbildung von Leitenden in der Hauptstadt
     3. Leiterinnen beim z’Morge
     4. Kochgeschirr für Camps
     5. Ankunft von Kindern im Schulbus

Ausbildungswoche und anschliessendes Camp
Verantwortliche Pastoren aus dem Vorstand fragten mich, ob ich der Eglise Apostolique in Burkina Faso helfen würde, Leitende der Kinder-, Teenie- und Jugendbereiche in abgelegenen Regionen zu unterrichten. In den darauffolgenden Monaten organisierte ich zusammen mit meinem Pastorenkollegen Guillaume Gansaonre eine Ausbildungswoche für je zwei bis vier Verantwortliche der 12 Regionen Burkinas. Sie fand 2016 in einem Dorf im Norden des Landes statt. Anschliessend kamen aus der ganzen Region fast 300 Kinder und Teenies in ein 7-tägiges Camp. Es war ein «Learning-By-Doing» für die Burkinabé-Leitenden und ein Riesenspass! Die Pastoren hatten mir «Geschichten aus der Bibel erzählen» als eines der Hauptthemen vorgeschlagen, denn viele Leitende würden sich nicht trauen, diese Gechichten vor einer Gruppe von Kindern oder Teenies zu erzählen.

Diese wertvollen «Tontons» und «Tanties» – so nennt man dort die Kindermitarbeitenden – wollte ich begeistern, die Geschichten wie in einem «Kinofilm» zu erzählen. Die Übungslektionen waren daher besonders inspirierend und manche sogar sehr lustig. Themen waren u.a. «Spiele mit Kindern», «Das Evangelium erklären», «Entwicklung eines Kindes», «Umgang mit Kindern, die herausfordern».

Seither entwickelt sich eine dynamische Camp-Kultur, welche durch ein neu ins Leben gerufenes nationales Team begleitet und gefördert wird. Die Leute, die an den Schulungen teilgenommen hatten, organisieren Wochenenden und Camps, Sonntagsschule und Familienevents in und mit ihren Kirchen.

Terror, Katastrophen, Covid – kein Hinderungsgrund
2020 gab es viele gemeine Terror-Attacken durch die islamistischen Al Qaida-Gruppen in den Dörfern der östlichen und nördlichen Landesteilen. Zehntausende Bauernfamilien flüchteten daraufhin in den Grossraum Ouagadougou, wo Armee und Polizei noch einigermassen Schutz geben konnten. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Zudem mussten im Jahr 2021, wegen schweren Überschwemmungen im Osten, ganze Dörfer umgesiedelt werden. Nichtsdestotrotz berichten meine Kontaktpersonen seit Herbst 2020 immer wieder Positives von ihren zahlreichen jährlichen Camps. Sie sagen, es sei ihnen wichtig, den vielen Kindern von der Hoffnung für die Welt zu erzählen und sie für Gottes Wirken in ihren Leben neugierig zu machen.

Bildlegende:
1. Händewaschen vor dem Essen
2. Girls, Girls, …
3. Jungs waschen ihre Wäsche
4. Spiele für Kids
5. Motto des Camps: Ein guter Baum trägt gute Früchte, Leiter pflanzen einen Baum

Das «Afrika-Camp-Projekt»
Meine Aufgabe in diesem Projekt besteht einerseits darin, die Leiterschaft immer wieder mit Worten und Taten zu ermutigen und andererseits, um finanzielle Hilfe besorgt zu sein. Freunde, Firmen und Organisationen helfen mir dabei. Finanzen brauchen wir v.a. für die Schulungen der Leute in den verschiedenen Regionen. Wir ergänzen damit aber auch die Budgets der Camps, damit Kinder von Familien mit schmalen Budgets teilnehmen können. Dies sind auch Kinder aus muslimischen Familien, deren Eltern sich strikte weigern, den Campbeitrag zu bezahlen. Was solls – ihre Kids sind sieben Tage im Camp und singen täglich viele Lobpreis- und Anbetungslieder. Sie lieben die Geschichten über Jona, Petrus, Jesus und Co.

Seit drei Jahren bin ich ein pensionierter Pastor und staune, dass Gott mich zu dieser kulturell völlig anderen Welt führt. Ich lerne nur langsam, mit meinen afrikanischen Freunden zu kommunizieren – eine Riesenherausforderung für mich. Es ist nicht «das Afrikafranzösisch», sondern das komplett andere Denken, die anderen Werte, die meinen Verstand und meinen Charakter «dehnen». Ich war inzwischen mehrere Male für einige Wochen in Burkina und merke, dass ich noch vieles nicht verstehe. Mich tröstet und motiviert jeweils die Tatsache, dass wir vom gleichen Jesus geliebt werden und wir Freunde geworden sind.

Sofern es die politische Situation Burkinas und meine eigene Gesundheit zulassen, möchte ich für den Sommer 2024 die nächste Reise planen. Wer hätte Freude mich zu begleiten, um in diese Art von Leiterförderung und -ausbildung, bzw. in die Arbeit mit der jungen Generation hineinzusehen?