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22 Jan 2024

Interview mit dem Leiter von MissionPlus

Es ist manchmal schwer auszuhalten, wie an gewissen Orten gefühlt Erweckung ausbricht, währenddem an anderen Orten geistliche Dürre herrscht.

Gedanken zum Jahresbeginn von Christian, Leiter von MissionPlus.

Was waren die grossen Aufsteller von 2023?
Die vielen Einsätze, die letztes Jahr zustande kamen (Togo, Italien, Bosnien, Nepal und Tschad), waren eine riesige Ermutigung für mich. Es löste in verschiede Richtungen eine ansteckende Dynamik aus. Frei und offen wurden Glaube an Gott mit  Begeisterung geteilt. Ich denke gerade an jene Episode in Togo, wo eine bettlägerige Grossmutter in einem hoch gehaltenen, mit Wasser gefüllten Tischtuch getauft wurde, da sie den Gang an den Fluss nicht geschafft hätte. Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren wagten, ihre Komfortzone zu verlassen, um sich auf unbekannte und für uns kulturell oftmals aussergewöhnliche Menschen einzulassen. Partnerschaft wurde auf Augenhöhe gelebt, es wurde aus derselben Schüssel gegessen und mitunter im Rahmen von Gottesdiensten auch getanzt, was das Zeug hielt. Allem voran durften Einsatzteilnehmende neu entdecken, was es heisst, sich auf Gott einzulassen und zu erleben, wie Gott sie braucht, so wie sie sind.

Und im Gegenteil dazu?
Es ist manchmal schwer auszuhalten, wie an gewissen Orten gefühlt fast Erweckung ausbricht, währenddem an anderen Orten geistliche Dürre herrscht. In Westafrika begegnen zahlreiche Menschen mit moslemischem Hintergrund Jesus und werden durch erlebte Hoffnung sichtlich verändert und dies trotz erschwerter Lebensbedingungen und Schicksalsschlägen. Anderswo hingegen scheint es, als würde eine undurchlässige, dunkle Decke sämtliche Lichtstrahlen brechen und daran hindern, Leben zu entfachen. So scheint es jedenfalls in Bosnien der Fall zu sein. Man hört, dass gerade der durch Krieg gezeichnete ältere Teil der Bevölkerung kaum mehr im Stande ist, von Gott auch nur etwas annähernd Gutes zu erwarten. Die wenig übrig gebliebenen Gemeinden in
Bosnien schrumpfen und Resignation scheint sich breit zu machen. Das setzt zu und lässt mich mit der Frage zurück: Was können wir machen? Tragen wir als MissionPlus auch eine Verantwortung?

Politische Aufstände im Niger, Terroranschläge in Burkina Faso – Reisen ist in beiden Ländern erschwert, wenn überhaupt möglich…
Gerade in spannungsgeladenen Zeiten, wie sie Burkina Faso und Niger seit längerem kennen, erweist sich eine funktionierende Partnerschaft in vielerlei Hinsicht tragend. Zum einen halten wir die Projektunterstützungen aufrecht in Bereichen wie theologische Ausbildung, Frauenförderung, Alphabetisierung und Betreuung von ländlichen Kirchgemeinden. Zum anderen investieren wir weiter in Beziehungen durch die noch immer funktionierenden sozialen Medien, erkundigen uns nach dem
Wohlergehen unserer Partner und sprechen ihnen Mut zu durch gelebte Freundschaft. Vor zwei Wochen erhielt ich eine Message mit folgenden Worten: «Je t’informe à la même occasion qu’aujourd’hui ça fait 20 ans que tu as célébré notre mariage. Nous rendons grâce à Dieu de vous avoir mis sur notre chemin.» (Bei der Gelegenheit informiere ich dich darüber, dass es heute 20 Jahre her ist, dass du uns getraut hast. Wir danken Gott, dass er dich auf unseren Weg gebracht hat.) Reisen nach Burkina Faso ist wieder möglich; bereits im Februar wird unser Länderverantwortliche vor Ort sein. Und im November 2024 werden wieder je zwei Personen aus Niger und Burkina Faso am Seminar für Gemeindegründung unter Muslimen in Äthiopien teilnehmen.

Was bewegt dich, wenn du in die kommenden Monate blickst?
Wir leben in verrückten Zeiten in der die einzige Konstante im Leben Veränderung ist. Umso wichtiger ist es, dass wir den Schulterschluss mit Partnern suchen, Werken und Organisationen, die dasselbe Anliegen wie wir haben: gesellschaftsprägende Jesus-Nachfolge zu leben. Schaffen wir das als MissionPlus, dass wir unsere langjährigen Partnerschaften so gestalten, dass diese den jetzigen Bedürfnissen gerecht werden und zugleich zukunftsweisend sind? Wo ist Konstanz und wo Neuausrichtung angesagt? In diesen Kalibrierungsprozessen braucht es gute Kommunikation, die gutes Hinhören und klares Reden vereint.

Was sind deine Träume für MissionPlus für 2024?
Mein Traum fürs 2024 ist, dass wir bezüglich eines möglichen Engagements in Bosnien Klarheit bekommen. Soeben höre ich von unserer Schwesterbewegung «Chiesa Apostolica in Italia», wie sie einen ähnlichen Prozess durchmachen wie wir. Nur sind sie bereits weiter als wir. Sie sind drauf und dran, ein Ehepaar in den moslemisch geprägten Teil von Bosnien zu senden und sind dort in Kontakt mit einer losen Gruppe von Christen, die sich für einen Neuanfang startklar macht. Ist das ein für uns
«vorgepfadeter» Weg? Vielleicht willst du mit uns beten, wie unsere nächsten Schritte diesbezüglich aussehen sollen. Danke für eurer Mittragen.